Schloss Geltolfing | Generalinstandsetzung
privat | LP 1-9 | stephankoch architekten partG mbB & andreas schmöller architekt | Denkmalschutz
Das in großen Teilen einsturzgefährdete und notgesicherte Schloss Geltolfing wurde von privaten Bauherren instandgesetzt und ihm 14 Mietwohnungen einbeschrieben, die sowohl Privatsphäre als Öffnung zur Gemeinschaft bieten. Das Schloss geht auf eine stattliche Burganlage von 1290 zurück, die in zwei Flügeln noch bis unter die Traufe in ihrer Substanz im Schloss erhalten ist. 1777/1778 wurde die Anlage von Graf Ferdinand von Salern, dem Neffen des Kaisers und Cousin des bayerischen Kurfürsten Max. III Joseph, zum heutigen Schloss umgestaltet. Graf Salern war als Generalintendant der Hofmusik am bayerischen Hofe seiner Zeit voraus und ließ das fast stucklose Schloss im Stil Louis XVI. vollständig ausmalen. W. A. Mozart war öfters zu Gast. 2018 befand sich das Gebäude in einem desolaten Zustand. Als Grundlage für die weiteren Arbeiten wurde eine Pfahlgründung nachträglich eingebracht und das Gebäude verspannt. Anschließend wurde der Dachstuhl (1599/1778) instandgesetzt und notwendige Rohbaueingriffe vorgenommen. Die bauzeitlichen Fresken, Fenster mit mundgeblasenen Verglasungen, historische Türen und Böden wurden liebevoll restauriert. Zur Umwandlung zu Mietwohnungen wurden strukturelle Eingriffe mit dem Landesamt für Denkmalpflege eng abgestimmt. Heute öffnen sich 14 unterschiedlichste Wohnungen zu einem Gemeinschaftshof.
Das Projekt wurde in den Architekturführer Deutschland 2024 aufgenommen.
Fotos nach der Instandsetzung: Stefan Müller-Naumann
Mitarbeit: Eva-Maria Böninger, Franziska Wießmeier, Sophia Bohl
Vorzustand
Vor der Instandsetzung zeigten sich zwei der vier Flügel akut einsturzgefährdet. Eine etwa 20 Jahre lang bestehende Notsicherung stand kurz vor ihrem Versagen. Gleichzeitig bezauberte das Gebäude durch seine Qualitäten, etwa das flirrende Licht, das durch die um 1790 erstellten mundgeblasenen Scheiben in die Flure fiel die den Innenhof einrahmten, oder durch die stucklose Eleganz der Räume.
Die alte Burganlage von 1290, die in der Substand des Schlosses in großen Teilen noch erhalten ist, wurde nahezu ohne Fundamente auf einem künstlich aufgeschütteten Hügel errichtet. Zudem wurden die Wände der Gebäude nicht mit der Außenwand verzahnt, so dass die Außenmauern in der weichen, lehmigen Erde einsanken und sich stark nach außen neigten. Die Gebäude zerbrachen förmlich immer weiter bis das Gebäude zuletzt mit bis zu 20cm breiten Rissen durchzogen war.
Der ursprüngliche Dachstuhl brannte gegen Ende des 16. Jh. nieder und wurde 1599 durch den aktuellen Dachstuhl auf zwei der vier Flügel ersetzt. Um 1777/1778 wurde ein Flügel durch den heutigen Nordwestflügel ersetzt und der Arkadenhof gestaltet. Zu dieser Zeit wurde auch das gesamte Obergeschoß, das nahezu keinen Stuck zeigt, vollständig mit Fresken ausgemalt. Diese waren vollständig überdeckt von bis zu 20 späteren Putz- und Farb- und Tapetenschichten.
Geschichte
Überraschenderweise zeigte die baubegleitende Bauforschung, dass die Anlage bedeutend älter war, als bislang angenommen wurde. Das Schloss Geltolfing geht auf eine stattliche Burganlage aus dem 13. Jahrhundert zurück, welche in ihrer Bausubstanz zu großen Teilen noch im heutigen Schloss enthalten ist. Demnach bildete der heutige Ostflügel den Palas, der noch bis zur Traufe weitgehend erhalten ist. An der Südspitze der Anlage erhob sich der Bergfried, der nach einem Brand des Dachstuhls um 1600 nicht über das Dach hinaus erneuert wurde. Der ebenfalls erhaltene Südwestflügel und eine Umfassungsmauer schlossen, zusammen mit einem heute nicht mehr existierendem Torbauwerk, die Anlage ab.
Die Burg tauschte häufig die Besitzer und wurde wohl auch aufgrund größerer statischer Schwierigkeiten oftmals umgebaut. Die heutige Form erhielt die Anlage durch Graf von Salern, dem Neffen Kaiser Karl VII.
und Cousin des bayerischen Kurfürsten Max III. Joseph. Graf von Salern war ein kulturell wegweisender Mann am münchner Hof und unterstützte den jungen Wolfang Amadeus Mozart bei dessen Bemühen in München Fuß zu fassen. Mit Erhalt des Lehens in Geltolfing wandelte er die Wasserburg zu einem Wasserschloss um, die ganz reduziert im Stil Louis XVI. ausmalen lies, in einer in Niederbayern höchst seltenen Art und Weise.
Baustelle
Zunächst wurden die einsturzgefährdeten Wände mit fast 40 Pfählen, die 4 bis 5 Meter tief in den Grund gepresst wurden, nachgegründet. Zudem konnten die Gebäude mit, im Auffüllungsbereich der Gewölbe verborgenen Stahlträgern verspannt werden. Anschließend wurde der, in weiten Teilen über 400 Jahre alte Dachstuhl denkmalgerecht ertüchtigt, in dem nur die unzähligen geschädigten Balkenabschnitte und Verbindungen aufwendig baugleich ersetzt wurden. Die strukturellen Änderungen durch die Umwandlung in 14 Wohnungen mit zugehöriger Erschließung machten weitere Rohbaueingriffe erforderlich. Begleitend wurden die alten Putzoberflächen, Bodenbeläge, Fenster und Türen restauratorisch gesichert und aufgearbeitet. Die beschädigten Putzoberflächen wurden ergänzt, Fresken dokumentiert, teils freigelegt und restauriert. Die teils stark geschädigten bauzeitlichen Fenster mit mundgeblasener Bleiverglasung wurden aufwendigst denkmalgerecht restauriert, bis zu allen noch haltbaren kleinen Bleistegen. Gleichzeitig wurde für einen zeitgenössischen Wohnkomfort eine große Menge an Leitungen durch Schächte, und Gewölbeauffüllungen verzogen. Sockel- und stellenweise Wandheizungen halten die Wände trocken und temperiert. Wo denkmalverträglich möglich wurden die Bauteile energetisch ertüchtigt, beispielsweise durch aufgedoppelte Fensterebenen, Dämmungen in Decken und Bodenplatte sowie in Brüstungsbereichen.